Rede von Hanja (Doktorandin an der WU) beim Klimastreik 2020 in Wien
Im Jahr 2018, also vor noch nicht einmal zwei Jahren, ist der Wirtschaftsnobelpreis vergeben worden für – ich zitiere – „Die Integration des Klimawandels in langfristige makroökonomische Analysen“. Jetzt könnte man sich denken: „Wow, das ist eine Supernachricht, eine Superneuigkeit, der Klimawandel ist endlich im Herzen der Wirtschaftswissenschaften angekommen.“ Und tatsächlich, der Mann, der diesen Nobelpreis bekommen hat, hat auch dafür plädiert – beziehungsweise plädiert dafür – dass man den Klimawandel in den Wirtschaftswissenschaften mehr einbezieht und ernster nimmt.
Das Problem ist leider, dass dieser Mann, William Nordhaus, ein US-amerikanischer Ökonom, den Klimawandel und seine Auswirkungen auf die Wirtschaft folgendermaßen modelliert: Er geht davon aus, dass die Weltwirtschaft weiter wachsen wird. Und er setzt in Verbindung die Kosten von CO2-Reduktion – also was die Wirtschaft jetzt ausgeben müsste, um CO2 reduzierende Maßnahmen zu ergreifen – die vergleicht er mit Kosten von Klimaschäden in der Zukunft. Da er aber davon ausgeht, dass die Weltwirtschaft weiter wächst und wir Zinsen und Renditen haben, berechnet er die Kosten in der Zukunft, die Kosten von Klimaschäden, viel geringer als die momentanen Kosten von der Einsparung von CO2. In seiner Präsentation bei der Verleihung des Nobelpreises hat er erklärt, die optimale Erderwärmung – also wo die Kosten für die Wirtschaft am geringsten sind – ist plus 4 Grad Celsius! (Buuh-Rufe von den Demonstrierenden.)
Genau, richtig! Wir alle hier sind der Meinung, 4 Grad Celsius ist viel zu viel. Was ist das Tragische daran, wenn der Wirtschaftsnobelpreis solche Meinungen legitimiert, ihnen politische Schlagkraft gibt?! Man hat das Gefühl, wenn man CO2 nur mit dem und dem Preis bemisst, dann tut man eh das Beste für die Wirtschaft. In den letzten Jahren ist die Weltwirtschaft im Schnitt um 3 Prozent gewachsen. Wenn sie weiter so wächst, ist im Jahr 2050 die Weltwirtschaft mehr als doppelt so groß, wie sie jetzt ist, und bei 2100 wäre sie mehr als 10 Mal so groß wie sie jetzt ist.
Das Ärgerliche an diesem Nobelpreis ist: Es gibt die Alternativen. Und es gibt auch in den Wirtschaftswissenschaften großartige Ansätze, Menschen, die wirklich auch jenseits dieses Wirtschaftswachstums denken, Alternativen aufzeigen. Ich weiß, Menschen schrecken oft zurück, wenn man sagt: „Wirtschaftswachstum ist was Schlechtes“, weil sie dann das Gefühl haben, wir können als Menschheit nicht mehr wachsen, aber das muss nicht gekoppelt sein. Wir können als Menschheit kulturell, wissenschaftlich, in so vielen Aspekten wachsen, ohne gleichzeitig Dinge kaufen zu müssen, die wir nicht brauchen. (Applaus.) Die Coronakrise hat uns sehr gut gezeigt, wie die Wirtschaft einbricht, wenn wir aufhören zu konsumieren.
Das Traurige daran ist, dass es Ansätze gibt, die gut wären. Deswegen ist es so wichtig, dass wir hier sind, dass wir eine laute Stimme sind, um den Alternativen Gehör zu verschaffen, um zu sagen; „Es gibt Alternativen – und nicht nur gibt es sie: Wir brauchen sie!“ (Applaus.)
Damit es in jedem Winkel ankommt, und auch bei WirtschaftswissenschafterInnen wie dem Herrn Nordhaus, die die PolitikerInnen beraten und ihnen das Gefühl vermitteln, wenn sie nur den und den Preis auf CO2 setzen, dann tun sie genug und dann tun sie das Beste für die Wirtschaft. Unter der Annahme, dass grenzenloses exponentielles Wachstum möglich ist, wogegen uns alles – die Biologie, die Natur ringsherum – beweist: Das ist nicht möglich. Damit auch bei solchen Menschen die Botschaft und die Nachricht ankommt: Nein, es geht anders, und es muss anders gehen, und wir schaffen das! (Großer Applaus).
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